Geschichtlicher Überblick

Es ist schon etwas Außergewöhnliches, wenn ein Unternehmen oder ein Betrieb auf eine so lange Geschichte zurückblicken kann, wie es die Motorenfabrik Oberursel kann. Bereits zehn Jahre vor der Gründung dieser Motorenfabrik Oberursel als Firma „W. Seck & Co“ im Jahr 1892 war das Werk als die erste nach industriellen Arbeits- und Organisationsformen arbeitende Maschinenbaufabrik in Oberursel entstanden. Es hat damit den Boden für den Wandel der Stadt zu einem Standort für eine mittelständische Maschinenbauindustrie bereitet.

Seit nunmehr weit über einem Jahrhundert gehört diese Motorenfabrik Oberursel zu den größten Wirtschaftsunternehmen und damit Arbeitgebern in der Stadt Oberursel. Ihre Geschichte ist von guten und schwierigen Phasen gekennzeichnet, aber anders als die allermeisten der im Zuge der Industrialisierungsschübe hier entstandenen anderen Betriebe hat sie die Zeiten überdauert und präsentiert sich seit rund einhundert Jahren mit ihren während des Ersten Weltkriegs errichteten, sehr eindrucksvollen Gebäuden entlang der Hohemarkstraße.

Nach drei durchweg von Erfolg und Wachstum geprägten Jahrzehnten - während des Ersten Weltkriegs gehörte die Motorenfabrik Oberursel mit ihren Umlaufmotoren zu den wichtigsten Flugmotorenherstellern in Deutschland - führten die Auswirkungen dieses Krieges dazu, dass die 1898 zur Aktiengesellschaft aufgestiegene Motorenfabrik Ende 1921 eine Interessengemeinschaft mit der mächtigeren Motorenfabrik Deutz eingehen musste, die damit ihren ärgsten Konkurrenten ausschalten konnte.

Nun begann in Oberursel eine Ära der heute fast vergessenen Motoren, die Produktion von zehntausenden Motoren Deutzer Konstruktion. 1930 ging die Motorenfabrik Oberursel ganz in der neu gebildeten Humboldt-Deutzmotoren AG auf und gehörte dann als Werk Oberursel sechs Jahrzehnte zu diesem Unternehmen, das 1938 zur Klöckner-Humboldt-Deutz AG erweitert wurde.

Auch der Zweite Weltkrieg, als in Oberursel wieder Flugmotoren entwickelt wurden, endete 1945 mit einer Zäsur für die Motorenfabrik. Die Motorenfabrik wurde von der US-Army besetzt, die erst neu angeschafften modernen Produktionseinrichtungen wurden Opfer der Reparationsdemontage, und sie diente elf Jahre lang als Kaserne und Instandsetzungswerk. Aber schon Anfang 1948 gelang der Neuanfang mit einer kleinen Produktion in einem abgegrenzten Werksbereich.

Ende des Jahres 1958, nach der zwei Jahre erfordernden Instandsetzung des Werks, kam die wenige Jahre zuvor am Kölner Hauptsitz entstandene Turbinengruppe nach Oberursel. Damit begann eine vier Jahrzehnte anhaltende Periode der Entwicklung von Luftfahrtturbinen und -geräten „Made in Oberursel“. So entstand mit dem Typ T117 auch das erste nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland gebaute und in den Serieneinsatz gegangene Strahltriebwerk. Mit den 1959 aufgenommenen Vorbereitungen zur Lizenzfertigung des britischen Strahltriebwerks Orpheus wandelte sich das Werk Anfang der 1960er Jahre in einen modernen Luftfahrt-Produktionsbetrieb, und damit begann auch eine langfristige Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und dem öffentlichen Auftraggeber.

Der 1980 gebildeten KHD Luftfahrttechnik GmbH gelang 1986 mit der Beteiligung an dem CFM-Triebwerk der Einstieg in das zivile Luftverkehrsgeschäft. Die dabei erworbenen Betriebszulassungen wurden dann zur Eintrittskarte in eine neue Ära, als nämlich BMW 1990 das Oberurseler Werk und Geschäft von der ins Trudeln geratenen KHD AG übernahm. In der von BMW mit der britischen Triebwerksfirma Rolls-Royce in Oberursel gegründeten Firma BMW Rolls-Royce AeroEngines nahm nun die Entwicklung einer neuen Familie mittlerer Turbofantriebwerke für Geschäfts- und Verkehrsflugzeuge ihren Anfang.

Dieser ambitionierte Unternehmenszweck ließ das Oberurseler Werk aufblühen, es wurde schrittweise umgestaltet, grundlegend modernisiert und erheblich erweitert. Mit der Verlegung zunächst der Entwicklungsbereiche und Ende 1998 auch der Geschäftsführung in das ab 1993 im brandenburgischen Dahlewitz neu aufgebaute Entwicklungs- und Montagewerk wurde der Standort Oberursel zu einem reinen Produktionsbetrieb mit der Fabrikation von Bauteilen sowie der Montage und Instandsetzung von kleineren militärisch genutzten Triebwerken und Luftfahrtgeräten.

Aus einer Neuordnung der Eigentümerverhältnisse entstand schließlich im Januar 2000 die heutige Firma Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG. Seitdem wurde der Firmenstandort Oberursel - ausgestattet mit modernster Fertigungstechnologie - zu einem Kompetenzzentrum für die Herstellung rotierender Triebwerksbauteile ausgebaut. Hier werden seitdem insbesondere Verdichter-Rotoren in Blisk-Bauweise für viele der Triebwerkstypen von Rolls-Royce produziert. Daneben steht die Fortsetzung der seit weit über fünf Jahrzehnten laufenden Betreuung und Instandsetzung von Luftfahrttriebwerke für in- und ausländische Betreiber. Dieses Werk, die Motorenfabrik Oberursel, ist die weltweit älteste noch aktive Flugmotorenfabrik und gleichzeitig das älteste Werk in der Rolls-Royce Gruppe.

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